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Soziale Katzen-Medien

Winkekatzen gehören zur Gattung der Haustiere, die sich in der Pandemie rasant vermehrt haben. Der Mensch sucht Ansprache. Auch wir haben inzwischen zwei. Eine Goldige, als Souvenir von einer Japan-Reise, und eine Art-ige, ein Geschenk unserer Künstler-Freundin Annette Pfau von den Driesch. Sie fordert uns mit Winkepfote auf, doch bitte mehr Salat zu essen. Eine putzige Botschaft für ein fleischfressendes Raubtier. Klar, dass unsere beiden Hausgeister auf dem Küchenbord hocken und von dort in die Töpfe schauen.

Die Winkekatze heißt eigentlich Maneki-neko und ist eine japanische Glücksbringerin, die in Einkaufspassagen, Restaurants, Bordellen und Lotterien als dekorativer Eycatcher dient. Glanz und Bewegung locken Leute. Ihr Gestalt leitet sich ab von den stummelschwänzigen Kazoku-neko, die besonders gern ihr Fell putzen. Diese Geste wurde von den vielleicht etwas zu sehr auf sich selbst bezogenen Betrachter:innen als Winken interpretiert und mit Glücksbotschaften verknüpft, die in keinen Glückskecks passen.

Im 16. Jahrhundert gelangten die Tiere aus China an den japanischen Kaiserhof und wurden dort mit großer Hingabe gezüchtet, in Keramik modelliert und zu Glücksgeistern stilisiert. Im Geisterreich der Japaner, die sich bis heute jedem Monotheismus hartnäckig versagen, übernehmen die Maneki-neko die Anime-Rolle, die bei uns beispielsweise vor undenklichen Zeiten einmal die Madonnen in den Hauseingängen spielten. Die Ausstaffierung mit Halsglöckchen oder mit einem breiten Farbspektrum von Gold bis Pink lässt sich mit ausufernden Zuschreibungen verknüpfen, was die Liebe oder das Geld angeht.

Als ‚Hello Kitty‘ Manga-Stars, Mauzi-Pokémon und batteriebetriebe ‚Lucky Cats‘ verbreiten sich die kleinen Biester weltweit auf viralen Wegen in Kinderzimmern und Herzen von Quäl- und Quengelgeistern. Ein Unmensch, der solch reizenden Süßigkeiten widerstehen wollte und einen Candy Storm riskierte?

Donkey Products aus der Hafenstadt Hamburg hat eine eigene Kollektion von Maneki-neto in allen erdenklichen Barbiepastelltönen angelandet. Das ideale Tamagotchi zum Fleurop-Tag von St. Valentin, dem Heiligen der Zärtlichkeit, am 14. Februar. Auch Blumen der Liebe verwelken einmal, dagegen hält das Glück der Winkekatze solange wie ihre Duracell-Batterie. Und dann kann man noch tauschen.

Freunde aus Großbritannien haben uns eine winkende Figurine geschickt. Es ist die Queen zum 70. Thronjubiläum. Auch sie winkt uns unermüdlich und so stumm wie freundlich zu. Niemals hat sie sich politisch geäußert, nie hat sie gefehlt oder gekniffen, die Stabilität an sich verkörpernd, ihren Untertanen freundlich zugewandt. Und alle haben sich gemeint gefühlt, wenn sie die huldvoll Winkende bei ihren unermüdlichen Touren durch ihre Länder und Medien erblickten.

‚Du bist nicht allein‘, eine großartige Botschaft für eine Gesellschaft der Einsamen, Unsicheren und Ängstlichen. In der DDR huldigten die Menschen mit sogenannten Winkelementen der weisen Staatsführung. In unserer schönen, neuen Welt dagegen sind die Konsumenten die Royals – und sei es nur am Geburtstag im Burgerking.